Jakub Kratochvil www.schokoundrum.de:
Samuel, Du warst früher Banker und Dein Partner Vincent hat in der Marketingbranche gearbeitet. Vermisst ihr noch die Welt der großen Korporationen?
Samuel Maruta, Marou: Ich kann nicht wirklich sagen, dass wir die Korporate Welt vermissen würden, sie war uns einfach nicht ganz wichtig. Wir sind davon weggerannt ohne zurück zu schauen. Aber Erfahrungen im Umgang mit Kunden und Lieferanten waren natürlich von Vorteil.
Was sind die Besonderheiten der Kakaobohnen aus Vietnam?
Die gibt es meiner Meinung nach nicht so viele, der Kakao aus Vietnam bildet nur 0,1% der Welternte und genotypisch überwiegen Trinitario Hybride, also der sogenannte erlesene Edelkakao. Deswegen denken wir, dass erst die Sorgfalt, mit der wir die Bohnen auswählen, die einzigartige Verarbeitung und das ‘Zuhören’ der Sprache der spezifischen Terroirs das gewisse Etwas ist, was den Vietnamesischen Kakao so einzigartig macht.
Also eigentlich gibt es einen Vietnam Blend von Marou und er ist wirklich gut, nur wir verkaufen ihn ausschließlich an Pâtissiers als Kuvertürblöcke.
Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, eine Fabrik in Vietnam zu eröffnen? Wäre es nicht einfacher den Kakao aus Vietnam nach Frankreich zu exportieren und dort zu verarbeiten?
Es war genau andersherum - Vietnam hat UNS gewählt! Wir haben beide in Vietnam gelebt als wir auf die Idee gekommen sind, Schokolade aus dem lokalen Kakao herzustellen. Ich denke, wenn wir in Frankreich gewohnt hätten, hätten wir nie mit der Schokoladenmanufaktur angefangen.
Was war am Anfang die größte Herausforderung? Wie kompliziert ist die Bürokratie in Vietnam?
Es gab ein Paar Stolpersteine, aber nichts Besonderes. Die größte Enttäuschung war nur, dass wir die Manufaktur unserer Träume wegen Zonenrestriktionen in Saigon nicht dort eröffnen durften, wo wir wollten. Ansonsten hat sich aber der bürokratische Aufwand in Grenzen gehalten.
Vermisst Ihr Frankreich? Wie fühlt man sich als Ausländer in Vietnam?
Ich würde sagen wir sind sehr zufrieden hier und kommen auch oft zurück nach Hause, denn in Frankreich ist unsere Schokolade besonders beliebt. Sozusagen das beste aus den beiden Welten.
Wird es eines Tages eine Marou weiße Schokolalde oder Marou Milchschokolade geben?
Also lass uns erst Mal klären: Wir haben nichts Persönliches gegen Kühe und Milch! Aber wir bevorzugen zartbittere Schokolade und lokale Zutaten. Ja, wenn wir möchten, könnten wir sicherlich einen Milchlieferenaten hier vor Ort in Vietnam finden, aber es ist uns den Aufwand nicht Wert. Was die Weiße Schokolade angeht, da hatten wir schon ein Paar Ideen, denn wir gehören zu den wenigen Herstellern von Artisanschokoladen, die ihre eigene Kakaobutter pressen. Und weiße Schokolade ist schließlich Kakaobutter mit Zucker (und Milch, aber darüber haben wir schon gesprochen…), also ich kann nicht sagen, dass wir nicht versuchen werden auch weiße Schokolade herzustellen !
Welche war Deine Lieblingsschokolade bevor Du mit Schokoladenherstellung angefangen hast?
Ich war lahrelang ein großer Fan von Valrhona und Lindt, aber bis wir irgendwann mal selbst angefangen haben Artisanschokolade herzustellen hatte ich nur relativ wenig Erfahrung mit den kleinen Bean to Bar Chocolatiers.
Wieviel Schokolade isst Du so täglich?
Nicht so viel, eigentlich. Ich denke einige unserer Kunden wiegen mehr als wir! :) Ich habe zugenommen, Vincent nicht. Ich würde es jedoch nicht in Zusammenhang mit dem Schokoladenkonsum bringen.
Welche ist Deine Lieblingsschokolade? Nenne eine aus dem Marou Sortiment und eine aus einem anderen Sortiment.
Ich bin davon überzeugt, dass unsere Treasure Island ¾ eine außerordentliche Tafel ist. Die neue Welle der Bean to Bar Hersteller hat uns den Zugang zu seltenen Kakaoursprüngen und damit auch unterschiedlichen Geschmäcken gesichert. Ich war sehr inspiriert durch die Papua Neu Guinea Ursprungsschokolade von Monsieur Truffe. Das Unternehmen wird von Jade Bentley, eine der wenigen Bean to Bar Chocolatiers der Welt, in Melbourne betrieben.
Zum Schluss noch eine Frage: warum, denkst du, gibt es so wenig Frauen in der Branche?
Hm, gute Frage, ich weiß wirklich nicht. Schokolade ist ja im Gegensatz zu scharfem Whisky oder Zigarren ein Produkt, das unter Frauen sehr beliebt ist. Ich kenne jedoch einige Paare, die Schokolade von der Bohne weg produzieren, wie zum Beispiel Ocelot Chocolate in Edinburgh oder Beau Cacao in London, dann noch Christine Blais (Palette de Bine in Quebec) ist eine der wenigen Frauen Barsmiths. Nichtdestotrotz gibt es in der Branche umgerechnet auf zehn Männer nur eine Frau und ich sehe keinen Grund, warum es nicht mehr sein sollen. Also mein Appell an jede Schokoholikerin lautet: Just Do It!